21.3.2022: Weiterhin hohes Medieninteresse an ZTG-Stellungnahme zu Lindners Tankrabatt

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland recherchierte gestern nochmals rund um den Koalitionsstreit über Entlastungen bei den Energiekosten. Dabei hatten wir Gelegenheit, ergänzend auch auf die Umsetzungsprobleme hinzuweisen, die ein Tankrabatt mit sich brächte und die dazu führen würden, dass er eben nicht schnell umsetzbar wäre. Nachzulesen hier.

ZTG zum angeblich vom Bundesfinanzministerium geplanten Tankrabatt: „Von hinten durch die Brust ins Auge geschossen!“

Der Zentralverband des Tankstellengewerbes e.V. (ZTG) reagiert auf Medienberichte über einen angeblich vom Bundesfinanzministerium geplanten Tankrabatt in Höhe von 20 Cent pro Liter: Grundsätzlich begrüßt der ZTG zwar jede Bemühung, die Kraftstoffpreise zu senken, doch hält er einen an der Tankstelle gewährten Tankrabatt für den falschen Weg. ZTG-Geschäftsführer Jürgen Ziegner: „Das wäre sprichwörtlich von hinten durch die Brust ins Auge geschossen.“ Warum der Staat nicht über eine befristete Senkung der Energiesteuer und ein gleichermaßen befristetes Aussetzen der CO2-Steuer auf direktem Weg die Belastung vermindert, statt weiterhin die vollen Steuern einzunehmen und dann den Rabatt an die Tankstellenbetreiber zurückzuzahlen, erschließt sich dem ZTG nicht. Das wäre eine hochbürokratische Maßnahme, umso mehr, wenn damit tatsächlich gemeint sein sollte, dass jede Tankstelle dafür auch noch die jeweiligen Tankquittungen beim Finanzamt einreichen muss. Kaum vorstellbar in Zeiten der Digitalisierung.

Vor allem aber könnten freie Tankstellenbetreiber und mittelständische Mineralölhändler mit eigenem Tankstellennetz die damit verbundene Vorfinanzierung nicht leisten. 20 Cent sind ein Mehrfaches ihrer Kraftstoffmarge! Ohnehin leiden sie derzeit schon vielfach darunter, dass ihnen die Kreditfinanzierer die Zahlungsziele kürzen, da durch die enorm gestiegenen Einkaufspreise die Kreditlinien erreicht bzw. überschritten werden. Die Rechnung ist einfach: Eine Tankstelle mit 300.000 Liter Kraftstoffabsatz/Monat würde nach vier Wochen 60.000 Euro vorfinanzieren – völlig unmöglich!

Der ZTG fordert weiterhin: Der Staat soll die Energiesteuer für Benzin und Diesel so schnell wie möglich für ein halbes Jahr auf die EU-rechtlich zulässigen Mindestsätze (36 Cent bei Benzin, 33 Cent bei Diesel) senken und die CO2-Steuer für den gleichen Zeitraum aussetzen. Inklusive Mehrwertsteuer wäre das eine Entlastung an der Zapfsäule von 44 Cent bei Benzin und 28 Cent bei Diesel, ohne dass der Staat im gleichen Ausmaß Einnahmen verliert. Denn die Entlastung führt auch zu einem Rückgang des Tanktourismus in die Nachbarländer und die Steuereinnahmen aus Tankungen zurückgeholter Tanktouristen würden die Energiesteuersenkung zu einem beträchtlichen Anteil kompensieren. Eine von vielen Seiten ebenfalls geforderte Senkung der Mehrwertsteuer hingegen hält der ZTG für nicht zielführend. Sie nützt Transport-, Bus- und Taxiunternehmen, die derzeit oft nicht wissen, wie sie die Kostensteigerungen auffangen sollen, rein gar nichts.

                

Deutsche Tankstellen im Grenzgebiet zu Polen existenziell gefährdet – ZTG fordert Strukturhilfen

Der Zentralverband des Tankstellengewerbes e.V. (ZTG) fordert einen staatlichen Strukturfonds für die Tankstellen in Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und im nördlichen Sachsen. Diese Betriebe sind spätestens seit dem 1.2.2022 in ihrer Existenz akut gefährdet, nachdem durch Steuersenkungen in Polen die dortigen Kraftstoffpreise ca. 60 Cent/l niedriger liegen als auf deutscher Seite. Die Kraftstoffabsätze der Tankstellen in Grenznähe (bis zu 40 km) sind bereits im Januar um die Hälfte eingebrochen, seit Anfang Februar verirrt sich kaum noch ein Kunde an die Stationen. Mit den ausbleibenden Tankkunden brechen auch die Einnahmen aus dem Shop- und Waschgeschäft zusammen.

Der ZTG hat deswegen in Schreiben an Bundeswirtschaftsminister Habeck und Bundesfinanzminister Lindner sowie an die Wirtschaftsminister der Bundesländer Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen Unterstützung bei der Einrichtung eines Strukturhilfefonds gefordert, aus dem die betroffenen Betriebe einen Ausgleich ihrer Verluste für die Zeit erhalten, in der Polen durch seine zeitlich befristeten Steuersenkungsmaßnahmen die wirtschaftliche Grundlage der deutschen Tankstellenbetreiber vernichtet.

Zum Hintergrund

Tanktourismus deutscher Autofahrer in die östlichen Nachbarländer aufgrund des wegen niedrigerer Steuern dort günstigeren Kraftstoffs gibt es seit Jahren. Auch deswegen weisen Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg die geringsten Tankstellendichten aller deutschen Bundesländer auf. Jetzt aber hat dieser „Tourismus“ aufgrund der doppelten Steuersenkung (zunächst Energie-, jetzt Mehrwertsteuer) der polnischen Regierung eine neue Dimension bekommen.

Tankstellen – das ist spätestens seit der Corona-Krise bekannt – gehören zur kritischen Infrastruktur. Das Tankstellennetz ist in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg, aber auch in grenznahen Gebieten des nördlichen Sachsen schon heute sehr grob gestrickt. Bei den jetzigen Preisabständen zu Polen halten viele Tankstellenbetreiber in diesen Gegenden, die bereits wegen der pandemiebedingten Umsatzeinbrüche über wenige bis gar keine finanziellen Rücklagen verfügen, allenfalls noch wenige Monate durch, bevor sie aufgeben und die Tankstelle schließen müssen. ZTG-Geschäftsführer Jürgen Ziegner: „Wir werden uns dann daran gewöhnen müssen, dass auch Polizei, Feuerwehr oder Rettungsdienste in Polen tanken (müssen), sofern sie es nicht heute schon tun.“

Notwendigkeit einer kurzfristigen Strukturhilfe

In Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und im nördlichen Sachsen gibt es ca. 900 Tankstellen. Nach ZTG-Schätzung sind durch die jetzigen Preisabstände ca. 300 bis 400 in ihrer Existenz akut gefährdet. Viele weitere (selbst aus dem 100 km entfernten Berlin) sind in ihrem Geschäft nennenswert beeinträchtigt. Ein solches Tankstellensterben wird nicht nur erhebliche Auswirkungen für die betroffenen Betreiber und eine Vielzahl von Arbeitsplätzen in den meist strukturschwachen Regionen haben. Zu erwarten ist auch, dass die Grenzregionen insgesamt unattraktiver werden und deren schlechte wirtschaftliche Situation sich verfestigt.

Nach Auffassung des ZTG ist die jetzige Situation durchaus mit den Auswirkungen der Corona-Pandemie vergleichbar: Sie ist durch einen externen Effekt ausgelöst, den die Betriebe nicht beeinflussen können und sie wird nicht dauerhaft anhalten – ganz gleich, ob nur bis Ende Juli 2022, wie von der polnischen Regierung jetzt angekündigt oder, was einige Ökonomen vermuten, bis kurz nach den Wahlen in Polen im Herbst 2023.

In keinem Fall können die akut gefährdeten Betreiber so lange ohne finanzielle Unterstützung durchhalten. Es muss jetzt schnellstens ein Strukturhilfefonds aufgelegt werden, aus dem die Betroffenen einen finanziellen Ausgleich für die jetzt entstandenen und noch entstehenden Verluste erhalten, so dass ihre Betriebe diesen Zeitraum überstehen.